23. Klinikvertreter- und 15. TBT-Treffen der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. 

Enge Zusammenarbeit von Psychotherapeuten, HNO-Ärzten und Hörakustikern bei Tinnitus-Behandlung wichtig

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(Wuppertal, 10.02.2020) Tinnitus-Experten aus dem stationären und ambulanten Bereich trafen sich auf Einladung der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL) am 8. Februar 2020 in der Habichtswald-Klinik in Kassel-Bad Wilhelmshöhe. Zu diesem 23. Klinikvertreter- und 15. TBT-Treffen kamen zahlreiche Fachleute aus Tinnitus-Kliniken und ambulanten Tinnitus-Zentren, HNO-Ärzte, Psychotherapeuten und Hörakustiker, um über Behandlungsmöglichkeiten bei Ohrgeräuschen zu diskutieren. 

Zu Beginn begrüßten Dr. med. Gabriele Fröhlich-Gildhoff, Chefärztin Psychosomatik der Habichtswald-Klinik, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Tinnitus-Liga e. V., Prof. Dr. Dr. Gerhard Goebel, sowie DTL-Geschäftsführer Michael Bergmann die Teilnehmer. Den Auftakt der Fachvorträge bildete Dipl.-Ing. Siegrid Meier, Dozentin an der afh – Akademie für Hörakustik in Lübeck, mit dem Thema „Audiologische Maßnahmen im Rahmen der Tinnitus-Versorgung“. Rund 19 Prozent aller Europäer haben einen behandlungsbedürftigen Hörverlust, ca. 80 Prozent der Tinnitus-Betroffenen sind auch von einem Hörverlust und ca. 60 Prozent von einer Geräuschüberempfindlichkeit betroffen.

Klinikvertretertreffen der DTL in KasselDabei liegt Siegrid Meier zufolge bei Menschen mit Hörbeeinträchtigung nicht nur ein schlechtes Tonaudiogramm vor, sondern sie seien auch in ihren sozialen Funktionen eingeschränkt, in der Kommunikation, der Wahrnehmung der emotionalen Anteile der Sprache oder durch den damit verbundenen Hörstress. Dies führe oft zu einem Rückzug aus der Gesellschaft. Durch die Hörgeräte-Anpassung werde eine Verbesserung des Sprachverstehens erreicht, aber auch eine Minimierung der Höranstrengung. Die Stimmung der Betroffenen bessere sich, sie nähmen wieder mehr an Aktivitäten teil. In der anschließenden Diskussion waren sich die Experten einig, dass bei der Hörsystem-Anpassung ein Hörtraining wichtig sei, um eine höhere Akzeptanz beim Nutzer zu erzielen.

Dr. Ulrich Stattrop, Oberarzt Psychosomatik und Psychotherapie an der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee, referierte über den „Somatosensorischen Tinnitus“. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass der Tinnitus beeinflussbar sei durch Bewegungen der Halswirbelsäule, des Kiefergelenks oder auch durch Manipulation im Kopf- und Halsbereich, allerdings gebe es keine klare Differentialdiagnostik. Als Behandlungsmethoden stehen u. a. Physiotherapie, die Therapie mit Aufbiss-Schienen bei Kiefergelenksproblemen sowie Entspannungsverfahren zur Verfügung, jedoch gebe es keine einheitliche Therapie, es sei eine multidisziplinäre Behandlung angezeigt. Dr. Stattrop betonte, dass die Behandlung der psychischen Begleiterkrankungen ebenfalls sehr wichtig sei, um zu verhindern, dass sich die Patienten nur auf die körperlichen Probleme fokussierten.

Um die aktuelle Frage „Ist der Begriff Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT) eigentlich für uns noch zeitgemäß?“ ging es in dem Vortrag von Prof. Dr. Gerhard Goebel. Anlass für diese Fragestellung ist eine 2019 erschienene Studie der Johns Hopkins School in Baltimore, USA, die zum Ergebnis habe, dass die Tinnitus-Retraining-Therapie die Beschwerden und die Lebensqualität von Tinnitus-Patienten nicht stärker bessere als eine Standardberatung. Hintergrund sei, dass die Tinnitus-Retraining-Therapie im angloamerikanischen Raum mit der Anwendung von Rauschgeräten/Noisern sehr apparatelastig ausgerichtet sei. Hingegen habe sich in Deutschland schon lange die TRT nach den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen (ADANO) etabliert, bei der approbierte Psychotherapeuten eng mit HNO-Ärzten und Hörakustikern zusammenarbeiteten und bei der die kognitive Verhaltenstherapie als Therapie der ersten Wahl eine zentrale Rolle spiele. Da die TRT auch in sämtlichen Leitlinien als nicht wirksam bezeichnet werde, erstatteten die Krankenkassen die Kosten nicht mehr und die mit viel Mühe aufgebauten TRT-Zentren dünnten sich aus. Um sich deutlich von der apparatelastigen TRT zu distanzieren, einigten sich die Experten auf eine Umbenennung in Tinnitus-Bewältigungs-Therapie (TBT).

Am Nachmittag standen verschiedene Workshops auf dem Programm. Dr. med. Helmut Schaaf, Leitender Oberarzt der Tinnitus-Klinik Dr. Hesse in Bad Arolsen, richtete den Workshop „Schwindeldiagnostik mit allen fünf Sinnen“ aus. Im Zentrum stand die Differenzierung von peripheren versus zentralen Gleichgewichtsstörungen mittels verschiedener Tests, gefolgt von praktischen Übungen zur Behandlung des gutartigen Lagerungsschwindels. Den Workshop „Die Abbildung von Tinnitus-Beeinträchtigungen anhand der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)“ richtete Dr. med. Frank Matthias Rudolph aus, Ärztlicher Direktor der Mittelrhein-Klinik, Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, in Boppard-Bad Salzig. Bei der Erstellung eines Reha-Antrags und des Entlassungsberichts, aber auch bei der Beantragung eines Grads der Behinderung ist die Beschreibung der Störungen von Aktivität und Teilhabe von zentraler Bedeutung. In dem Workshop lernten die Teilnehmer die Systematik der ICF am Beispiel des chronischen Tinnitus kennen. Der Workshop „Klangtherapie und Heilsames Singen als Elemente in der Behandlung von Tinnitus“ von M.A. Elisabeth Schmitt aus der Praxis für Klang- und Musiktherapie aus Weiler bei Bingen am Rhein rundete das sehr abwechslungsreiche Workshop-Angebot ab.

Bildunterschrift: 
Tinnitus-Experten aus ganz Deutschland kamen auf Einladung der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. in die Habichtswald-Klinik nach Kassel. Foto: Sabine Wagner.

Über die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL)
Die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) vertritt als gemeinnützige Selbsthilfeorganisation die Interessen der Patienten mit Tinnitus, Hörsturz, Hyperakusis und Morbus Menière sowie ihrer Angehörigen. Rund 12.000 Mitglieder machen die DTL zum größten Tinnitus-Zusammenschluss in Europa und zum anerkannten Partner des Gesundheitswesens in Deutschland. Über 800 Fachleute gehören der DTL als Partner und fördernde Mitglieder an, darunter renommierte Wissenschaftler, HNO-Ärzte, Ärzte weiterer Disziplinen, Hörakustiker, Psychologen und Therapeuten. Außerdem werden rund 80 Selbsthilfegruppen in Deutschland durch die DTL betreut. Gegründet wurde die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. 1986 in Wuppertal. Weitere Infos: www.tinnitus-liga.de

Pressekontakt: 
Deutsche Tinnitus-Liga e. V. (DTL) · Sabine Wagner · Am Lohsiepen 18 · 42369 Wuppertal 
Tel.: 0202 24652-24 · Fax: 0202 24652-20 · E-Mail: s.wagner[at]tinnitus-liga.de 

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